Kurier 23.08.2006: “Empfindliche Strafen als Signal”.

Nächste Woche beginnt der Prozess gegen vier Polizisten, die einen Schubhäftling gefoltert haben sollen. Ein Streitgespräch zwischen dem Verteidiger und dem Anwalt des mutmaß-
lichen Opfers.

Seit 7. April 2006 hat auch Österreich einen Folterskandal: Der Schubhäftling Bakary J. behauptet, von vier Fremdenpolizisten in eine leer stehende Lagerhalle verschleppt und dort körperlich wie auch psychisch gequält worden zu sein. In einer Woche beginnt in Wien der Prozess. Der KURIER lud den Verteidiger der Polizisten, Werner Tomanek, und den An-
walt des mutmaßlichen Opfers, Josef Phillip Bischof, zum Streitgespräch.

Mag. Josef Phillip Bischof: “Es wurde nicht nur mein Mandanten mit Füßen getreten sondern auch der Rechtstaat”.

Kurier: “Wenn Menschen nach einer Amtshandlung so ausschauen wie Bakary J., heißt es immer, sie seien gestürzt. Fällt der Polizei nichts Neues ein?”

Tomanek: “Er hat sich nicht selbst verletzt. Es gab tatsächlich eine körperliche Einwirkung durch die Beamten, die diese anwenden dürfen. Im Zuge seines Widerstandes wurde er mit angemessener Körperkraft zu Boden gerungen, dabei sind die Verletzungen entstanden.”

Bischof: “Die Staatsanwaltschaft hat aber das Verfahren gegen ihn wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt eingestellt und stattdessen gegen die Beamten einen Strafantrag erhoben. Von den Beamten gab es verschiedene, unglaubwürdige Versionen, während sich die Darstellung meines Mandanten durch Beweismittel wie Handy-Peilungen als wahr herausgestellt hat.”

Kurier: “Was erwarten sie vom Prozess?”

Bischof: “Eine exemplarische Veruteilung, empfindliche Strafen als eindeutiges Signal: So etwas dulden wir in einem Rechtsstaat nicht! Es wurde nicht nur mein Mandant mit Füßen getreten sondern auch der Rechtstaat.”

Tomanek: “Es wird immer schwieriger, Polizisten für solche Einsätze zu finden … Aber ich gehe ohnedies von Freisprüchen aus.”

Dieses Streitgepräch im Vorfeld des Prozesses zeigt, dass die Polizisten bis zur Hauptver-
handlung nicht nur die Foltervorwürfe abstritten sondern einen widerlegten Widerstand des Bakary J. behaupteten. Alle vier Polizisten wurden aufgrund der objektiven Beweiser-
gebnisse rechtskräftig verurteilt, nach Jahren schließlich doch drei entlassen.

Inzwischen gibt es auch eine filmische Dokumentation und Auseinandersetzuung mit der Folter in der Lagerhalle. Für die Republik ist zu hoffen, dass dieser Folterprozess der einzige in Österreich bleibt.