Standard 16.12.2010: Unterricht in Sachen Undercover.

Der Fantasie sind offenbar keinerlei Grenzen mehr gesetzt; auch am letzten Verhandlungs-
tag vor Weihnachten schenken sich das Gericht und die Verteidigung im Tierschützer-
prozess nichts.

Das Verhandlungsprogramm ist brisant: die gerichtliche Einvernahme der verdeckten Ermittlerin “Danielle Durand”, die eineinhalb Jahre bei den Tierschützern “eingeschleust” war und under cover ermittelte, steht bevor. Heikel insbesondere für die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei, Soko Bekleidung: die entlastenden Ermittlungsergebnisse der eineinhalb Jahre undercover agierenden verdeckten Ermittlerin wurden nicht in den Gerichtsakt aufgenommen. Die entlastenden Ermittlungsergebnisse fanden erst über erheblichen Protest und beharrlicher Antragstellung der Verteidigung Eingang in den Gerichtsakt.

Und siehe da, eine plötzliche Überfüllung des Verhandlungssaales: mehr als 40 HAK- und Polizeischüler hatten im Verhandlungssaal Platz genommen – während draußen Ange-
hörigen und Freunden der Angeklagten gesagt wurde, es seien alle Plätze reserviert. “Das kommt meines Erachtens einem Ausschluss der Öffentlichkeit gleich”, protestiert Mag. Josef Phillip Bischof. Die Richterin sieht sich als nicht zuständig für die Besetzung ihres Verhandlungssaales. Verteidiger Mag. Josef Phillip Bischof bleibt dabei: “Ich erachte die Abhaltung eines fairen öffentlichen Verfahrens als nicht gegeben. Den Polizeischülern wurden die Zählkarten schon am Eingang ausgeteilt – sie waren offenbar vorbestellt.”

Nicht die einzige Überraschung für die Verteidigung: die Zeugin sollte überdies nicht direkt im Verhandlungssaal sondern in einem Nebenraum von der Richterin allein befragt werden und die Einvernahme soll im Verhandlungssaal lediglich auf einem Bildschirm per Video-
übertragung zu sehen sein. Nach Ansicht von Mag. Josef Phillip Bischof ein rechtswidriges Vorgehen. Die gerichtliche Begründung erscheint obskur, zumal die Zeugin inhaltlich eine Entlastungszeugin der Verteidigung ist. Die Zeugin sei psychisch schwer belastet nicht zuletzt wegen der medialen Berichterstattung. Verteidiger Mag. Josef Phillip Bischof beantragt die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens über den psychischen Zustand der Zeugin. Die Anträge der Verteidigung werden abgelehnt.

Ungeachtet dieser mehr als hinterfragenswerten gerichtlichen Vorgangsweise bleibt es dabei: Die verdeckte Ermittlerin “Danielle Durand” hat nie etwas strafrechtlich Relevantes gelesen, gehört oder gesehen!