Falter 7/12: Ein Bub will bleiben.

Er wurde in Wien geboren. Er braucht teure Medizin. Warum soll Y. ausgewiesen werden?

Die Asylbehörden lehnten durch alle Instanzen ab, dem Gymnasiasten wegen seiner Erkran-
kung subsidiären Schutz aus humanitären Gründen zu gewähren – eine Art Asyl auf Zeit, bis sich die medizinische Versorgungssituation im Herkunftsland seiner Eltern verbessert. Die Begründung: Ein Vertrauensarzt in Tunesien habe der österreichischen Botschaft ver-
sichert, dass Hämophilie dort behandelbar sei. Gäbe es die Therapie nicht auf Kranken-
schein, müssten eben die Eltern die Kosten übernehmen.

“Den Behörden reicht eine kurze Stellungnahme eines Vertrauensarztes der Botschaft in Tunesien, die noch dazu aus dem Jahr 2008 stammt”, kritisiert Anwalt Mag. Andreas Lepschi, “die Expertise des behandelnden Facharztes im St. Anna wurde hingegen igno-
riert. Bei jedem Verkehrsunfall mit Peitschenschlagsyndrom wird im Gerichtsverfahren ein medizinisches Gutachten eingeholt, im Asylverfahren ist das trotz einer lebensbedrohenden Erkrankung eines Kindes offensichtlich anders.”